Méhnemzetség avagy A jó állam

Méhnemzetség avagy A jó állam
olyan reggel lesz mint ma amikor jönnek:
államtalan hóméhek óriási vággyal
mindenre ami édes kövér bundázatukat a fagyos
úttól beborítva jönnek a behavazott
szolármezők fölött jelölik a téli ég alatti
útjukat ringass el csukd le szemhéjaim hopp
kopogó nyelvüket már a falakban hallod
és a rádióadások mögött is – sosem szállhat le
közülük egy sem csak hozzák terhüket egyre
az erre kitalált gépekbe hagyják kibérelni magukat
problémás környékekre elszállítatni sztrájkokat
törni és öreg érzelmes állami méhek akaratát
akiket egy szigorúbb tél elpusztít majd úgyis

Bienenvolk oder der Gute Staat, übersetzt von SZÉKELY ÖRS, erschienen in Lató, Dezember 2018

Die „Kunst des Dienens“? Fragen an Daniela Danz nach ihrem neuen Roman „Lange Fluchten“

von Jens-Fietje Dwars
in: Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen, Nr. 1/2016

Nach zwei Gedichtbänden – „Pontus“ (2009) und „V“ (2014) – erscheint nun Ihr zweiter Roman: „Lange Fluchten“. Ist diese Abfolge Zufall oder Ausdruck eines inneren Rhythmus, eines Wechsels der Perspektiven, von Innen und Außen, lyrischer Binnenschau und prosaischer Welterkundung, von Auflösung fixer Formen und handlungsgebundener Konstruktion?

So genau geplant ist das nicht, aber es stimmt, dass ich beide Gattungen brauche, um Unterschiedliches zu sagen. Die Lyrik erlaubt einen größeren Weitblick, Konzeptualität neben Disparatem, die Verschiedenheit der Töne. Die Prosa dafür den langsamen Gang und mehr Explizität. Und dass zwei Lyrikbände auf einen Prosaband kommen ist wohl auch kein Zufall: die Lyrik nimmt den größeren Raum in meiner Arbeit ein.

Auf den ersten Blick erscheint der Gegenstand Ihres neuen Romans doppelt befremdlich, zumindest für eine Lyrikerin. Denn das Buch erzählt die Geschichte eines Soldaten, zumal eines Zeitsoldaten, den niemand zum „Waffendienst“ gezwungen hat, der sich selbst darum bewarb. Für diesen Berufssoldaten nun zerbricht die Welt wegen eines Auslandseinsatzes. Aber nicht, wie man es auch Büchern und Filmen kennt und vielleicht erwarten würde, durch den Einsatz, etwa in Afghanistan. Nein, Ihr unheldischer Held Constantin zerbricht daran, dass er nicht eingesetzt, dass ihm ein Kampfeinsatz im Kosovo verwehrt wird. Wie kamen Sie zu diesem Stoff, gibt es ein reales Vorbild dafür?

Es gibt reale Vorbilder, Bundeswehrsoldaten verschiedener Dienstgrade, die mich eben dazu gebracht haben, darüber nachzudenken, was das Spezifische des Soldatenberufs ist, der sich ja, wie der Künstlerberuf auch, von anderen Berufen unterscheidet und der eben auch den vollen Einsatz erfordert – da stellt sich natürlich die Frage: wie kann man so etwas wollen? Sollte ein Soldat nicht froh sein, sich nicht in Gefahr begeben zu müssen? Wenn er seinen Beruf kompromisslos gewählt hat, dann wird er unter Umständen nicht froh sein, wenn er dafür, wofür er ausgebildet wird, nie gebraucht wird. Das ist die Idee dieses Buches. Und dann war der Kosovoeinsatz 2000 ja nicht einer von einer Reihe Einsätzen wie heute, sondern (von peacekeeping-Einsätzen abgesehen) der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr, der sich aktiv einmischte. Das hat uns ja alle vor die grundsätzliche Frage nach dem Sinn und den Möglichkeiten militärischer Einsätze gestellt und da wollte Constantin dabei sein, bei diesem Einsatz der ersten Stunde.

So verständlich es ist, dass ein Soldat, zumal ein Fallschirmjäger, also der Angehörige einer Elitetruppe, sich in der Praxis, und das ist der Krieg, bewähren will – das Problem jedes stehenden Heeres! – so problematisch ist Ihr Held. Für ihn bricht buchstäblich eine, seine Welt zusammen: Das Haus, das er noch während der Dienstzeit zu bauen begonnen hat, bleibt nach seiner Entlassung ins Zivilleben eine Ruine, weil er in diesem zivilen Leben nicht zurande kommt, keine Arbeit findet, sie nicht einmal sucht. Antriebslos verbringt er die Tage auf der Couch, die Nächte als Jäger auf einem Hochsitz, seiner Frau und seinen beiden Söhnen fremd geworden, sich selbst ein Rätsel. Doch die innere Leere ist nicht einfach Folge des Funktionsverlustes, sie geht ihm auch voraus: der Einsatz im Kosovo wird ihm verweigert, weil er zuvor als Befehlshaber einer Truppenübung einen „Aussetzer“ hatte, weil er in den Wald ging, statt seine Untergebenen zu führen. Dieser Cons, wie er genannt wird, ist schon vor dem Militär ein in sich Verlorener. Das heißt, er ist eigentlich kein Militär, zum Soldaten, oder zumindest zum Offizier vollkommen ungeeignet. Eine Hamlet-Figur, ein Kleistscher Charakter, ein Romantiker?

Der „Aussetzer“ tritt ja ein, nachdem der Hauptcharakter merkt, dass er nicht zum Einsatz mitkann und nachdem er erste Nachrichten von diesem für Soldaten, die noch keine Einsatzerfahrung hatten, letzten Endes unvorstellbaren Einsatz gehört hatte und weiterhin in der Komfortzone zu verharren gezwungen ist. Ein ganz ausgeglichener Charakter war er zwar auch vorher schon nicht, aber als ungeeignet würde ich ihn nicht bezeichnen. Er hat immer perfekt funktioniert und das ist auch einer der wesentlichen Punkte, um die es mir ging: wo beginnt das Scheitern eines Menschen bzw. ist man, wenn es dann offensichtlich wird, auch schon früher gescheitert, zu einer Zeit, als die anderen und man selbst noch glaubten, dass alles im Lot sei? Gibt es einen Nullpunkt des Scheiterns?

Das Militär, die soldatische Ordnung, interessiert den Helden nicht als Realität, sondern als Ideal, geradezu als Vision: Er habe, erfahren wir nachträglich, von einer „Kunst des Dienens“ geschwärmt, davon „dass die Armee das Modell einer Gesellschaft sei, jeder an seinem Platz und jeder seinem Auftrag verantwortlich“. Was sich ausschlösse – Kunst und Militär, Freiheit und Unterordnung – habe er in eins gedacht: „der Staatsbürger in Uniform“ sei „eigentlich ein Künstler“, denn er müsse in jedem Augenblick abwägen, was das Richtige sei, „immer das Ganze im Blick, und das auf des Messers Schneide“. Das ist schon eine arge Romantisierung des – ausgeblendeten – Kasernen- und Waffenhandwerkeralltags. Wollten Sie diese Romantik durchsichtig und die Tristesse des Alltags als ihren Lebensgrund kenntlich machen?

Dass Constantin vor seiner Entscheidung für das Militär ein Suchender war, wird ja aus ein paar Streiflichtern auf sein früheres Leben deutlich. Zur Armee kommt er mehr durch eine fixe Idee als eine bewusste Entscheidung, aber wo er dann da ist, entwickelt er Ideale. Diese Ideale sind ungefähr die, die die Gründungsväter der Bundeswehr unter Wolf Graf von Baudissin mit der „Inneren Führung“, auf die das Schlagwort des „Staatsbürgers in Uniform“ verweist, hatten und die tatsächlich so anspruchsvoll war, dass sie in einer Einsatzarmee, zu der sich die Bundeswehr in den letzten Jahren gewandelt hat, mehr und mehr zurückgenommen wird. Und die sie eben von der NVA grundsätzlich und bis in den Alltag hinein unterscheidet. Mit militärischem Alltag war natürlich auch Constantin befasst, als er noch aktiver Soldat war, aber das liegt aus seiner Sicht eben Lichtjahre zurück.

Es stimmt: Die Innensicht von Soldaten ist ein sehr randständiges gesellschaftliches Thema, und die Innensicht eines Soldaten, der (immer noch) den Ideen der „Inneren Führung“ anhängt, wie etwa die Mitglieder des „Arbeitskreises Darmstädter Signal“, ist sogar unter Soldaten randständig. Und wenn man dann, wie meine Hauptfigur, nicht mal mit dem uneingeschränkten Pazifismus dieser Kreise konform geht, dann ist das eine ziemlich singuläre Position. Eben die einer Legende, um die es, was bis jetzt noch nicht angesprochen wurde, ja geht: die Legende des römischen Feldherrn und Jägers Eustachius, dessen Lebenszusammenhänge an einem Wendepunkt gänzlich zerrüttet und wieder neu zusammengesetzt wurden.

Nun hieß Ihr letzter Gedichtband „V“ – ein Buchstabe, ein Zeichen, das Sie im Gespräch mit dem Palmbaum (Heft 1/2014) als „das schwierige Wort Vaterland“ umschrieben. Vaterland, sagten Sie damals, sei das, wogegen wir eine Pflicht hätten. Nichts Feststehendes, sondern „ein Anspruch, den wir an uns tun“. Es gehe – im Gegensatz zur allgemeinen Selbstbedie­nungsmentalität heute – um Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Verantwortung. Und dies nicht für eine selbst gewählte Gemeinschaft, sondern der gegenüber, „der wir durch Zufall angehören“. Kann es sein, dass Sie das romantische Ideal von der „Kunst des Dienens“, in der Freiheit und Pflicht verschmelzen, als Utopie verteidigen, indem sie es als Ideologie, als bloßen Wunschtraum ad absurdum führen? Cons will Verantwortung, doch gelingt sie ihm nirgends, weder gegenüber dem „Vaterland“ noch seiner eigenen Familie. In sich verloren, sind ihm Welt und Ich zerfallen, bleibt ihm nur die Hoffnung, aus sich „herauszusteigen“, in die Luft zu fliegen, wie eine Biene „zurück zu meinem Stock“.

Zuerst einmal besteht natürlich ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Konzept eines Gedichtbandes und der Figurensprache in einem Roman. Insofern verteidige ich in der Gestalt des Constantin gar nichts, allerhöchstens das Anrecht darauf, auch als Soldat nicht wie alle Soldaten zu sein, ebenso wie, mit Peter Hacks, zu sprechen, „ein Künstler nicht mit elf anderen zusammen auf ein Dutzend geht“.

Abgesehen davon, halte ich das Scheitern meiner Hauptfigur nicht für eine zwangsläufige Folge seiner Einstellung. Die Frage, an welchem Punkt dieses Scheitern beginnt, bleibt die, die jeder Leser für sich beantworten muss. Und sie führt in den Kern der Eustachiuslegende: Eustachius`Leben gerät nach der Begegnung mit einem Hirsch – ähnlich wie der, der dem heiligen Hubertus erscheint – aus den Fugen. Was aber ist vor einem nicht heilsgeschichtlich-religiösen Kontext dieser Moment, der alles ins Rollen bringt?

XXIII (aus: Lange Fluchten)

XXIII

„Anne! Kannst du mit den Jungen zur alten Klinik kommen? Ich warte dort auf dich, wir fahren ans Meer.“

Er legt auf. Es klingelt, aber er geht nicht ran. Nein, keine Nachfragen, sie soll einfach ein paar Sachen zusammenpacken. Es gibt da nichts zu fragen.
Die alte Klinik hat er gesagt, er ist sich gar nicht sicher, ob Anne die kennt, und der nächstgelegene Treffpunkt ist es auch nicht. Aber dort hat einmal sein Leben angefangen. Dort in den langen weißen Fluchten mit dem Rhythmus der Lichtstreifen, die durch die Türen fallen. Er war wieder zum Ausgang gelaufen, wo er doch hatte springen wollen. Sechzehn Jahre war das her. Eine sechzehnjährige Ruine muss man auch erst mal werden.
In einer Stunde wird er dort sein. Der Morgen ist frisch und klar, die Autobahn fast leer. Er wird nach Weißenhaus fahren mit Anne und den Jungen. Erst mal nur nach Weißenhaus, dann wird er weitersehen. Von dort sind es nur ein paar Kilometer bis zum Truppenübungsplatz. Und er wird am Meer sein, wie an den besten der Seedorfer Sonntagen.

Als er auf den Parkplatz einbiegt, sieht er schon ihr Auto.

„Das ging aber schnell“, ruft er ihr beim Aussteigen über das Autodach zu.

Sie lächelt ihn an. „Ich hatte schon gepackt, als du anriefst.“

Er fragt nicht, woher sie wusste … es war nicht wichtig, nicht nach dieser Nacht. Nur kurz streift ihn der Gedanke, welches Mysterium die Ehe ist, ein größeres als die Liebe. Anne trägt ein blaues Kleid, das er nicht kennt. Er schaut ihr zu, wie sie einen Koffer in den Kofferraum hebt, ihre Armmuskeln, ihre Wirbelsäule, die sich durch den dünnen Stoff abzeichnet. Der Große hilft. Schweigsam. Nein, leicht wird es nicht, aber er kann nicht in den Container zurück, in das provisorische Leben, das sich wie ein Gurt um ihn gezogen hat. Der Kleine strahlt und versucht, seine Aufregung zu beherrschen. Sie haben sogar an die Hängematte gedacht.

Sie fahren los. Anne verteilt Brote mit Spiegelei. Cons dreht die Musik laut, selbst der Große scheint sich innerlich lang zu machen. Cons beobachtet ihn im Rückspiegel, wie er kauend mit seiner verspiegelten Sonnenbrille aus dem Fenster schaut und wegen seiner Ohrstöpsel vermutlich gar nichts mitbekommt. Der Kleine redet und redet, aber keiner hört ihm zu und es macht ihm nichts aus. Anne holt einen Taschenspiegel raus und zieht ihre Lippen nach. Er hat sie lange nicht so gesehen. Sie legt ihre Hand auf seinen rechten Oberschenkel. Er mag das nicht, weil es ihn beim Schalten stört, aber heute ist es schön.

„Wo fahren wir eigentlich hin“, fragt Anne durch den Lärm der Musik und des Fahrtwinds. „Nach Weißenhaus“, schreit Cons zurück. „Das ist direkt am Meer, und da gibt es auch genug freie Quartiere.“

Anne ist zufrieden, und er genießt ihre stumme Anlehnung. Es ist acht Uhr dreißig, in fünf Stunden können sie in Weißenhaus sein. Mein Gott, war es vielleicht all die Jahre so leicht gewesen, dieses ganze verdrehte Leben hinter sich zu lassen? Einfach ans Meer fahren, mit der Familie ans Meer fahren, den Container hinter sich lassen. So einfach, wie nicht zu springen, wenn einer kommt und einen anschreit: Du Arsch. So einfach, wie weiterzuleben, wenn ein anderer den Kampf verloren hat und tot ist. Darum ging es doch im Soldatenspiel, für das er fast sein halbes Leben lang trainiert hatte: Wer lebt, hat gewonnen, so lange, bis er tot ist. Er drückt den Zigarettenanzünder rein und kramt im Seitenfach, doch gleich fällt es ihm ein: die Kinder. Der Kleine ist eingeschlafen. Der Große scheint mit seiner Sonnenbrille noch immer aus dem Fenster zu sehen, oder er ist auch eingeschlafen. Cons dreht die Musik leiser.

„Er wollte erst nicht mitkommen“, Anne sagt es leise mit einem Blick auf Chris, „aber ich habe ihm gesagt, dass es vielleicht der letzte Urlaub sein könnte, den wir alle zusammen machen.“ Cons nickt, obwohl er sich fragt, wie sie das meint. Wieso der letzte? Chris war zwölf. Oder dreizehn. Ganz kurz ist Cons darüber unsicher, versucht sich an den letzten Geburtstag zu erinnern, den vorletzten. Er hatte mal gegrillt für Chris und seine Freunde, aber das war schon lange her.

„Geht er denn gerade gern in die Schule?“, fragt er, um das Gespräch nicht gleich wieder verebben zu lassen. Er hat lange nicht mit Anne über die Kinder gesprochen. So wie früher, als das ihr gemeinsamer Auftrag war, wie sie manchmal gesagt hatte, um ihn wegen seines Redens von der Auftragstaktik aufzuziehen. In den ersten Jahren bei der Armee hatte er sogar überlegt, ob ihm das nicht Auftrag genug sein sollte, ob er nicht die paar Jahre noch runterreißen sollte und dann etwas Ziviles machen, Gärtner vielleicht.

„Ich weiß es nicht, ich weiß nichts mehr über ihn“, Anne nimmt ihre Hand von seinem Bein. „Ich denke manchmal, es bedrückt ihn etwas, aber kann sein, er ist in der Schule ganz anders. Ich glaube, die Jahre, in denen wir ihn gekannt haben, sind vorbei. Er lebt zwar noch bei uns, aber eigentlich ist er schon weg. So schnell ging das, und wir haben unser Leben zu viert noch gar nicht angefangen.“

„Aber er ist doch erst zwölf.“ Da Anne nicht protestiert, wird es wohl stimmen.

„Er wünscht sich ein eigenes Zimmer“, sagt sie.

„Ja, wir sollten dort wegziehen, das Haus wird nie fertig.“

Sie sieht ihn überrascht an: „Und die Schulden?“

„Es gibt keine Schulden, Anne, keine wirklichen Schulden, es ist nur Geld. Wir müssen nur aufbrechen.“

Daniela Danz – Lange Fluchten. Buchcover

Lange Fluchten. Roman
Wallstein Verlag, Göttingen 2016
ISBN: 978-3-8353-1841-0
Preis: 18,90 Euro